Sommer-Collage

Obwohl der Sommer hierzulande ein gar nasser war und ist, soll er doch nicht vergehen ohne nachfolgende Gedicht-Collage. Hier also nach HerbstWinter und Frühling der Verszeilen mischende Sommer:

Blütenzauber_Uwe_Krueger

Die große Fracht des Sommers ist verladen,
Die große Sonne ist versprüht.
Schwülwarme Schwaden,
Der Himmel voll Gewitter glüht.

Es regte sich kein Hauch am heißen Tag,
Kein Lüftchen lief, kein Stimmchen störte,
Dumpf und traurig tönt mein Ruderschlag
Und scheuche kaum die Mücken fort.

Des mohnes blätter: breite tropfen blut.
In Sommerbäder reist jetzt ein jeder,
Trägt in der Hand den Sommerhut,
Und von den Auen dränget uns die Glut.

(An diesem Text haben folgende Autoren mitgewirkt, in der Reihenfolge ihres zeilenweisen Auftretens: Ingeborg Bachmann, Rainer Maria Rilke, Hans-Christoph Neuert, Hermann Ritter von Ling, Christian Friedrich Hebbel, Christian Morgenstern, Conrad Ferdinand Meyer, Annette von Droste-Hülshoff, Stefan George, Wilhelm Busch, Theodor Storm und Johann Wolfgang Goethe .)

Damit ist mein kleines Jahreszeiten-Projekt deutscher Lyrik abgeschlossen. Was mich an diesen Collagen fasziniert, ist einerseits die sprachliche Umsetzung einer in der bildenden Kunst schon längst verankerten Technik (der Collage eben) – es ist faszinierend, wie eine Verszeile sich in ihrer Gewichtung und Bedeutung verschiebt, steht sie in einem anderen Zusammenhang. Andererseits begeisterten mich die spezifischen Motive, die sich bei bestimmten Themen über die Jahrhunderte wiederholen und so zum Topos werden. Was den Sommer angeht, sind etwa Rosen sehr beliebt (von Hebbels „Ich sah des Sommers letzte Rose stehen“ über Goethes „Über Rosen lässt sich dichten“ bis zu Trakls „Abendlicher Reigen“). Andere beliebte Bilder schöpfen sich aus Nachtigall, Abenddämmerung und natürlich glutvoller Hitze, die immer wieder einmal in ein Gewitter mündet.

Ich hoffe, Ihr hattet ähnlich viel Spaß mit diesen Verscollagen wie ich.

Herzlich grüßt

Ihr und Euer

Simon Segur

Bildnachweis: © krueger-naturfoto.de

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15 Gedanken zu “Sommer-Collage

  1. … wenn es etwas gibt, worum ich die geschätzen Dichterinnen und Dichter, die Du so liebevoll einsetzt, beneide, dann die Ruhe zum Dichten! Ich glaube nicht, dass sie sich mit Autos, Startbahnen Nord Ost Süd West, donnerstags die Kehrmaschine und freitags die Müllabfuhr, Bau- und Straßenarbeiten und 900 Kubikzentimeter Motorrädern rumplagen mussten … Ansonsten kann auch ich dem Sommer etwas abgewinnen!

    Gefällt 3 Personen

    1. Wo Du recht hast … Unseren modernen Lärmterror empfinde auch ich als zutiefst greußlich. Andererseits hatten die meisten unserer geschätzten Dichterinnen und Dichter der Vergangenheit es sicherlich schwerer als wir (ich möchte jedenfalls nicht mit ihnen tauschen).
      Und was den Sommer angeht – bald hast Du’s ja geschafft 🙂
      Herzliche Grüße!

      Gefällt 1 Person

    1. Ja, trefflich (natürlich!) gesagt: „Das hat was“ umschreibt genau mein Gefühl bei diesen Sachen.
      Ich sage meinen Dank und herzlichste Grüße in hoffentlich doch noch einmal hochsommerlichen Zeiten!

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  2. Ein schönes Lesevergnügen hast du da wieder zusammengetüftelt, lieber Simon Segur. Ich bewundere immer wieder deine literarischen Kenntnisse und Recherchekünste. Einen Sinnzusammenhang und rhythmischen Fluss hast du auch noch hergestellt – wirklich gelungen.

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    1. Meinen herzlichen Dank für Deine schön gesetzten, schmeichelhaften Worte! Ja, ich gebe zu, dass es mir viel Freude macht, meine Ideen und Texte mit Recherche und Literaturwissenschaft zu verknüpfen – da hatte das Germanistikstudium doch noch seinen Sinn (denn fürs Schreiben bringt so etwas ja leider nix) 🙂
      Ganz herzliche Grüße an Dich,
      sendet Dir Dein Simon!

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