Das Cover: Wenn ein Buch schreit „Ich hab nix zum Anziehen!“

Ich schreibe nicht nur Fantasy – wie das hier im Entstehen begriffene „Elmsfeuer“ (mein Buch-wie-Kings-Turm) -, sondern auch Kinder- bzw. Jugendbücher und jetzt auch einen Kriminalroman. Da er ab heute in den Buchläden steht (oh Freude & Jubel!), möchte ich von der Problematik des Covers gleich an diesem Beispiel erzählen. Denn: Hat man das große Glück, einen Publikumsverlag gefunden zu haben, gewinnt man als AutorIn viel – und verliert auch ein wenig. Dazu gehört die Freiheit zur Auswahl des Titels und eben des Covers. Ein Autor wird Vorschläge zu beidem machen sollen und dürfen, die endgültige Entscheidung aber trifft der Verlag. Und fast nie entspricht dies dem Wunschtitel oder dem Wunsch-Cover seines Schöpfers.

Manchmal ist das, hm, nicht so schön. Ich raufte mir oft genug die Haare, wenn ich das ausgewählte Cover eines neuen Buches zu Gesicht bekam. Andererseits war ich aber auch manches Mal positiv überrascht und erstaunt, wie stimmig ein anderes gemacht wurde. Nur aussuchen und entscheiden, das konnte ich eben nie. Dabei ist das Cover schließlich die Kleidung für unser nacktes Baby, für diese unsere (nach einer Mammut-Geburt von vielen Monaten oder gar Jahren) entstandene Geschichte. Die braucht natürlich was Gescheites zum Anziehen. Nur: Was?

Den besagten Kriminalroman habe ich zusammen mit meinem Bruder geschrieben. Da wir beide Natur- und Vogelfreunde sind, machten wir uns daran, den ersten richtigen Orni(thologen)-Krimi der Welt zu schreiben, einem Roman, der vom Wechselspiel zwischen Natur und Großstadt lebt, ein spannendes Buch, aber mit mehr Charaktertiefe als Action.

Und dies war, nach Abgabe und Lektorat, der erste Vorschlag des Verlages (zumindest der erste, der uns gemailt wurde …):

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Der Titel war tatsächlich unser Wunschtitel: Ornithologie und ein altes Volkslied, gekoppelt mit Mord und Großstadt – das passte, wie uns schien. Das Foto an sich war … nun, Geschmackssache. Dazu muss man wissen, dass der emons-Verlag sich auf regionale Krimis spezialisiert hat; die lokalen Gegebenheiten spielen sowohl in den Texten wie auch auf den Covern eine große Rolle. Frankfurt am Main als ein zentraler Handlungsort wird dementsprechend durch die Wolkenkratzer gut symbolisiert. Insgesamt fand ich das Bild aber zu düster und geometrisch. Ich mag reine Sozialstudien-Krimis mit zu deutlicher Moral nicht, welche die triste und graue Welt von Hochhaus-Brennpunkten beschreiben oder gar anklagen. Immerhin: Vögel waren auf dem Bild – wenn auch nur von unten betrachtet. Dagegen hatten wir uns eher etwas Schwebendes, eben Fliegendes, vorgestellt. Kurz danach folgte ein zweiter Entwurf:

Krueger_Krueger_Tränen der Vögel_Cover2

Eine ähnliche Perspektive, aber mit mehr Schwung und Farbe. Gefiel mir deutlich besser, während mein Bruder auf das erste Bild schwor (und vielleicht war’s in diesem Fall ja tatsächlich besser, dass der Verlag die Entscheidungsgewalt hatte :-)). Allerdings fehlte nach wie vor die mit dem Thema „Vögel“ verbundene Idee von Fliegen und Freiheit. Darüber hinaus stellte sich ein neues Problem in den langen, steinigen Veröffentlichungsweg: Der Titel „Alle Vögel sind schon tot“ war bereits vergeben (so heißt ein Krimi von Donna Andrews). Wochen vergingen, das emons-Team probierte alles Mögliche aus, und auch wir spielten Dutzende von Varianten durch. Schließlich erreichte uns – vorab als verwaschene Kleinpixelei – der finale Entwurf:

Krueger_Krueger_Tränen der Vögel_Cover3

Das Foto überzeugte uns sofort: Keine Vögel mehr, aber dafür die Idee des Fliegens, die Perspektive eines über Frankfurt schwebenden Vogels! Der Titel dagegen brachte uns erst einmal in die Bredouille – schließlich wussten wir als Hobby-Ornis, dass Vögel nicht weinen. Biologisch halt unmöglich: Ähnlich wie Haie nutzen diese Tiere zum Feuchthalten ihrer Augen eine Nickhaut. Trotzdem hatte das was: Die Tränen der Vögel. Eine Zeitlang schwankten wir – was sollten wir tun? Den Titel nochmals ändern oder vielleicht – unser Manuskript? Das war hier die hamlethafte Frage. Wir entschlossen uns zu letzterem und bauten in die Geschichte mehrere kleine Bezüge zum Titel ein.

Das endgültige Cover sieht übrigens folgendermaßen aus – wer entdeckt die drei kleinen, aber doch entscheidenden Unterschiede?

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Erstens natürlich die Farbe: Mir persönlich gefällt das ins Grüne gehende Grau besser als der bräunliche Ton. Dann (und darum hatten wir dringend gebeten) der Austausch von „/“ und „&“ zwischen den Namen. Und drittens schließlich die Ersetzung der Genre-Bezeichnung „Frankfurt Krimi“ durch das sehr viel allgemeinere und klassisch schöne „Kriminalroman“.

Nicht schlecht, oder?

(Werbung on:) Wer jetzt neugierig geworden sein sollte, der kaufe gerne ein! Entweder direkt beim emons-Verlag oder bei amazon. Oder natürlich, noch viel, viel besser, bei der persönlichen Lieblings-Buchhandlung. (Werbung off.)

Habt Ihr ähnliche Erfahrungen mit der Cover-Findung gehabt? Schreit Euer papierenes Kind auch lauthals zum Schöpfer-Himmel: „Ich hab nix zum Anziehen?“

16 Gedanken zu “Das Cover: Wenn ein Buch schreit „Ich hab nix zum Anziehen!“

  1. Antwort zu Deiner Final-Cover-Frage: Luftigere Farbe! (Das Weitere fiel mir nicht auf, ist aber tatsächlich eine Verbesserung.)

    Allgemeine Cover-Frage:
    Meine >Drei Tropfen Blut< hatte zunächst meine Verlegerin be-covert. Immerhin waren wir uns einig: Blutstropfen auf Kupferscheibe (was eine Schlüsselrolle spielt). Sie hatte bloß kein allzu gutes Bild. Also machten meine Freundin & ich Fotos … (Details siehe https://irenebulling.wordpress.com/making-of/die-illustrationen/)
    Inzwischen bzw. mit einigen Werken muss ich auf Selbstverlag gehen. Und da zeigt sich so richtig der Nachteil, keinen Verlag hinter sich zu haben, der auf einen Fundus oder Grafiker zurückgreifen kann! Eine ordentliche, halbwegs passende Cover-Grafik kann ich mir derzeit schlicht nicht leisten, nicht einmal bei Fiverr.

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  2. Dank‘ fürs Mitteilen. Ja, ist echt ein Jammer, dass Grafiker sich nicht einer Gewinnbeteiligung begnügen. Und selbstgemachte Cover sehen trotzdem immer – trotz aller Möglichkeiten heutzutage – eben wie selbstgemacht aus. Bei meinem Versuch mit „Elmsfeuer“ habe ich eigene Fotos per GIMP verfremdet – das funktioniert hier ganz gut.

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    1. Ein gutes Cover-Bild ist sein Geld sicher wert! Nur … das hab‘ ich eben nicht.
      Worauf ich daher hoff(t)e, sind gute „Hobby“-Künstler, die Bilder aus „Spaß an der Freud'“ oder zur Entspannung erstellen und Lust zu so einem Auftrag haben. Oder Einsteiger-Künstler, die die Mitarbeit an einem Buchcover als Werbemaßnahme sehen.
      Ich fürchte aber, ich muss doch selber ran, ein wiedererkennbares „Logo“ entwerfen und dann in irgendeiner Form auf eigene Fotos zurückgreifen. Noch habe ich aber keine taugliche Idee, von „Zeit“ und „Bearbeitungs-Können“ einmal ganz abgesehen. Also bleibt jetzt alles in der virtuellen Schublade liegen.

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      1. Dann drück ich Dir die Daumen, dass Du ja vielleicht doch noch jemanden, respektive selbst Zeit, Ideen und Reichtum findest. Oder am besten alles zusammen! Ein bisschen Zeit in der Schublade hat noch keinem Text geschadet – nur zuuuuuu lange sollte es nit sein 🙂

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      2. Naja, am Ende weiß ja nur der Autor, wie lange ein Text schon in der Schublade liegt. Er muss es ja niemandem auf die Nase binden, dass sein „neustes Topp-Werk“ schon zehn Jahre auf dem Buckel hat. 😉
        Es nimmt einem allerdings ein bisschen die Motivation, das merke ich gerade sehr stark.

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      3. Versteh ich mit der Des-Motivation. Muss aber gar nicht sein. Im Gegenteil: Es ist einfach großartig, was sich heutzutage für Möglichkeiten ergeben mit Ebooks, BoDs und Co!
        Liebe Grüße!

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      4. Es ging mir nicht um das Schreiben (was auch immer), sondern ums Aufgeben. Und da bin ich halt nach wie vor Optimist und wiederhole: Bitte nicht! 🙂

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      5. (Nur zwecks Richtigstellung & Verständnis:)
        Ja eben. – Vielleicht ist das ja ganz gut, wenn ich das Schreiben aufgebe. ;->=>
        (Derzeit stellt sich die Frage allerdings nicht mehr so drängend. Die Prioritäten haben sich ganz ohne mein Zutun verschoben.)

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      6. Danke für die, wenn auch dezent kryptische, Erläuterung 🙂 Ich wünsche jedenfalls von Herzen, dass die neuen Prioritäten selbiges (Dein Herz) erfreuen. Liebe Grüße!

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