Sprachwerkzeug Duden: nicht nur Rechtschreibung

Den Duden als „Werkzeug für Autoren“ zu bennenen, das ist so ähnlich als würde ich hier Papier und Bleistift vorschlagen. Zumal die online-Version recht gut funktioniert, wie ich finde. Trotzdem kann ein kleiner Hinweis nicht schaden: Gehört doch nicht nur die 26. Auflage von „Die deutsche Rechtschreibung“ (Duden Band 1) auf jeden Autorenschreibtisch, sondern auch andere Dudenbände. Nicht unbedingt alle zwölf – so sind Band 5, das Fremdwörterbuch, oder die Bände 11 und 12 („Redewendungen und sprichwörtliche Redensarten“ und „Zitate und Aussprüche“) im Zeitalter des Internets beziehungsweise Wikipedias eher unpraktikabel geworden. Wobei gerade bei Zitaten das Web ja seinen eigenen, hm, Geist hat, welcher immer wieder Sprüche in die Welt setzt, die so nie gesagt wurden. Mein gefaktes Lieblingszitat in dieser Hinsicht wird Goehte zugeschrieben und lautet: „Erfolg hat drei Buchstaben: TUN“. Ein schöner Spruch, der auch mir als Leitmotiv gelten könnte – den der Weimarer Dichterfürst aber mitnichten jemals aussprach oder aufschrieb. Dem angeblichen Zitat am nächsten kommt folgendes güldene Goethewort aus Wilhelm Meisters Wanderjahren: „Und dein Leben sei die Tat.“

Aber zurück zum Duden. Sehr empfehlen kann ich Band 2, das Stilwörterbuch. Insgesamt eher konservativ, aber recht anschaulich werden tatsächlich „die Ausdrucksmöglichkeiten der deutschen Sprache“ anhand von 100.000 Satzbeispielen verdeutlicht. In den letzten Auflagen (so hört man) wurde allerdings der Fokus auf Bedeutung und Herkunft der Wörter gelegt, was ich nicht unbedingt sinnvoll finde. Schließlich gibt es dafür Band 7: das Herkunftswörterbuch. Wobei ich auch hier eine bessere Alternative auf dem Tisch stehen habe: Kluges Etyhmologisches Wörterbuch ist umfassender und genauer. Band 6 der Dudenreihe scheint eher ein Kuriosum zu sein: das Aussprachewörterbuch. Ich habe noch nie reingeschaut, aber abgesehen von Phonetikern dürfte die Zielgruppe eher klein sein. Band 4 (Grammatik) wie Band 8 (Synonymwörterbuch) kann ich dagegen wieder nur empfehlen. Gerade bei Synonymen schlägt der 8. Dudenband beispielsweise meinen Thesaurus im Word-Programm um Längen. Bleiben noch Nummer 9 und 10: „Richtiges und gutes Deutsch: Das Wörterbuch der sprachlichen Zweifelsfälle“ bzw. das „Bedeutungswörterbuch“. Beide hielt ich ebenfalls noch nie in der Hand; der 9. Band soll aber sehr gut sein. Nummer 10 scheint mir dagegen ein missglückter Hybrid, geht es doch sowohl um Wortschatz und Wortbedeutung, um Aussprache und Grammatik.

Aufgehoben habe ich mir bis zum Schluss meinen absoluten Liebling, den 3. Band. Dieses Bildwörterbuch mit dem Untertitel „Die Gegenstände und ihre Benennung“ war mir nicht nur ein steter Quell der Freude, sondern immer wieder eine große Hilfe beim Schreiben. Ein richtiges Werkzeug eben. Denn nichts ärgert mich mehr, als wenn ich ahne oder mich zu erinnern glaube, dass es für eine bestimmte Sache ein bestimmtes Wort gibt. Das ich entweder vergaß oder nie lernte. Aber wie soll ich ein Haus richtig beschreiben, wenn ich das passende Vokabular nicht kenne, wie die Tätigkeiten meiner Figuren, sobald sie Förster oder Atomtechniker sind? Bei diesen Fragen hilft das Bildwörterbuch. Um ein anschauliches Beispiel zu geben – von wegen Förster: In einer Kurzgeschichte von mir tauchte ein jagender Zeitgenosse auf, und ich, ich war ganz begeistert über die Bezeichnungen zum Thema Wild:

Bildwörterduden_einbuchwiekingsturm
Quelle und Copyright: Duden, Band 3 (4. Auflage), S. 163

Nur ein paar Beispiele: 2 ist mitnichten die Zunge, sondern „der Lecker“, 3 kein Hals sondern „der Träger“. Und wie großartig ist das denn, wenn die Augen von Rotwild (33 und 15) korrekt als „Licht“ bezeichnet werden?

Natürlich wird es manche geben, die sich in der Jagdsprache auskennen. Die werden dann aber eher unbeleckt sein in … keine Ahnung … der Kunst des Steinschleifens?

Bildwörterduden_Schmuck_buchwieking
Quelle und Copyright: Duden, Band 3 (4. Auflage), S. 79

Auch hier hilft das Bildwörterbuch weiter, erklärt mit einer Grafik die Unterschiede zwischen Brillant- und Rosenschliff, zwischen Rechteck- und Karree-Treppenschliff, zwischen Triangel und Navette.

Sehr, sehr nützlich fürs Schreiben. Egal ob Haar- und Barttrachten, Kopfbedeckungen, Hunderassen oder Damenkleidung – so viele Wörter, so viele aufregende, wichtige und vor allem treffende Wörter.

Ein letztes Beispiel mag zeigen, dass es dabei nicht nur um Spezialthemen oder Fachvokabular geht. Auch ganz alltägliche Beschreibungen verlangen manchmal nach dem einen, dem einzig richtigen Wort. Einmal schrieb ich an einer Szene, die auf dem Dach spielt. Auf einem ganz normalen Hausdach. Durch die Dachlucke klettert mein Protagonist hinaus, rutscht ab und hält sich fest. An einem dieser gebogenen Blechhaken auf Dächern, die ein bisschen so aussehen wie die Halteringe eines Bootes, in die Ruder eingelegt werden (eine Dolle, wie mich Band 3 belehrt).

Bildwörterbuch_Dach_buchwieturm
Quelle: Duden, Band 3 (4. Auflage), S. 83

Nur wusste ich nicht, wie diese Dinger heißen. Zum Glück half wieder einmal das Bildwörterbuch. Auf dieser Tafel erscheint erstmal alles simpel, auf Kinderbuch-Niveau: 30 ist der Blitzableiter, 5 der Schornstein (bzw. Kamin). Dass die Nummer 8 als Schneefanggitter fungiert, dachte ich mir auch schon immer, dass die 7 als Dachgaube (oder Gaupe) bezeichnet wird, nun, ja. Aber mir ging es um die 6. Und ich fand sie, die 6: Die Dinger heißen ganz einfach und schlicht: Dachhaken.

Mein hilfreiches Duden-Bildwörterbuch stammt noch aus dem vorsintflutlichen Jahr 1994 – diese 4. Auflage ist noch ganz in Schwarzweiß. Mittlerweile sind (6. Auflage von 2005, wenn ich nicht irre) sämtliche Abbildungen in Farbe (was ich leicht verschmerzen kann), aber auch deren Anzahl wurde erhöht (schon schwieriger zu verschmerzen).

Insgesamt finde ich: Das Duden-Bildwörterbuch ist ein lohnendes Werkzeug für jede Schriftstellerin und für jeden Schriftsteller. Zumal ein Werkzeug zum anschauen …

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3 Gedanken zu “Sprachwerkzeug Duden: nicht nur Rechtschreibung

  1. Ah, ein sehr guter Tipp! Ich schätze, man kann diesen Band auch gut als Inspirationsquelle hernehmen. Für realistische Szenen nerve ich auch gern Förster, Jäger, Steinmetze und allerlei medizinisches Fachpersonal 😉

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